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Die Siedler 7 - Die Rückkehr eines Erfolgsrezepts!

Tjaja, die Siedler-Reihe hat es in der Vergangenheit nicht immer leicht gehabt. Die Siedler 5 und 6 sind bei vielen Spielern aufgrund von stilistischen und spielerischen Schwächen in Ungnade gefallen.

Die Neuveröffentlichung von Siedler 2 konnte die meisten Fans mit "Die nächste Generation" und "Aufbruch der Kulturen" nicht wirklich lange fesseln und fast jeder betonte immer wieder, dass ohnehin Siedler 2 und 3 die besten Spiele der Reihe gewesen seien. Doch das Blatt hat sich gewendet und nun steht endlich wieder ein Siedler-Teil in den Regalen, der Wusel-Fans und Aufbaustrategen gleichermaßen begeistern dürfte: Die Siedler sind zum siebten Mal zurück, und diesmal macht das Siedeln endlich wieder Spaß! Umstritten bleibt dabei allerdings nach wie vor Ubisofts neuer Kopierschutz …



Um eines gleich vorweg zu nehmen:


Ich werde in diesem Review nicht noch einmal auf die leidige Kopierschutz-Debatte eingehen. Diese wurde bis zur Erschöpfung durchgekaut, und alle konnte sich darauf einigen, dass es Mist ist, dass man Siedler 7 selbst im Singleplayer nur online spielen kann, und dass die Maßnahmen von Ubisoft - selbst wenn die Spieler sie sich teils selbst zu verdanken haben mögen - mindestens reichlich fragwürdig sind. Und ja, ich weiß, dass viele dem neuen Siedler keine Chance geben werden aufgrund eben dieser Debatte. Aber das ist ein anderes Thema und ich möchte euch bitten die Schlammschlacht der letzten Wochen mal für einen kleinen Moment beiseite zu schieben. Denn heute will ich den Entwicklern von Siedler 7 meinen Tribut zollen, ausnahmsweise mal Kopierschutz Kopierschutz sein lassen und über das wahrscheinlich beste Siedler seit gefühlten Ewigkeiten schreiben!


Die Rückkehr eines Erfolgrezepts!


Was macht ein gutes Siedler aus? Die richtige Mischung aus knackiger Aufbaustrategie, einem knuddeligen Look und dem klassischen Siedler-Charme, der uns schon damals bei Teil 2 die Zeit vergessen ließ. Und genau diese Mischung ist bei Siedler 7 endlich wieder geglückt! Das Spiel ist einsteigerfreundlich und dennoch komplex, die Grafik ist herrlich verspielt und trotzdem kein Stück albern und die Siedler wuseln durch die selbstangelegten Straßen wie eh und je. Und dabei ist Die Siedler 7 glücklicherweise absolut kein Abklatsch früherer Erfolge, sondern bemüht sich um sinnvolle Neuerungen, die den Siedlern einen Hauch von Brettspiel-Flair mit auf den Weg geben.


Ein neues Kartensystem


die siedler 7
Das neue Kartensystem ist gewöhnungsbedürfte, aber wenn man erst einmal drin ist wirklich gelungen.
Das fängt schon bei der Karte an, die nicht – wie bei den Siedlern sonst üblich – durch das Bauen und Besetzen von Türmen erobert wird, sondern in Gebiete eingeteilt ist. Jedes Gebiet hat festgelegte Grenzen, verfügt über bestimmte Rohstoffe und Anbaumöglichkeiten, sowie eine kleine Festung, deren Besitzer das Gebiet kontrolliert. Zu Anfang eines Spiels besitzen wir ein Gebiet, in dem unser Schloss steht. Die Festungen der umliegenden Gebiete sind in der Hand neutraler Söldnergruppen und müssen auf eine von zwei Arten erobert werden: Entweder greift ihr ganz klassisch mit mehr Soldaten an, als die Söldner besiegen können, oder ihr sendet eine bestimmte Anzahl von Geistlichen aus, um das Gebiet auf friedliche Weise zu bekehren. Schon hier zeigt sich, dass man in Siedler 7 oftmals die Wahl zwischen verschiedenen Vorgehensweisen hat.


Ein neues Kampfsystem


Zum Kampf sei gesagt, dass er längst nicht so passiv vonstatten geht, wie dereinst bei Siedler 2, aber auch lang nicht so aktiv (und chaotisch) wie bei Siedler 3: Neu rekrutierte Truppen werden Generälen zugeteilt, die man in der Taverne anheuern kann, und die unterschiedliche Stärken und Schwächen mit sich bringen. So hat der General, mit dem man das Spiel beginnt, keinerlei besondere Eigenschaften. Doch schon bald hat man eine Armee, deren General alle Fernangriffe verbessert und eine andere Armee, die besonders effizient Befestigungen erstürmen kann. Diese Vorzüge gilt es dann noch geschickt mit den richtigen Truppen zu kombinieren.

Die Siedler 7 Artworks Wirtschaft
Je weiter man seine Kaserne ausbaut, desto mehr Truppen stehen zur Verfügung.
Pikenier, Musketier, Kavalerie und Kanone müssen je nach Verwendunszweck der Armee zu richtigen Anteilen vorhanden sein, und sollten dann am Besten noch mit einem Standartenträger versehen werden, der die allgemeine Kampfmoral hebt. Hat man seinen Truppen zusammengestellt schickt man seine Generäle (und damit die jeweiligen Armeen) von Gebiet zu Gebiet. Sollte das Zielgebiet feindlich sein, stellen sich Armee und Gegner in Grenznähe auf und beharken sich fleißig (und automatisch). So gesehen läuft der eigentliche Kampf passiv ab, aber über die Generäle, die Armee-Zusammenstellung und die notwendige Vorplanung bei Truppenbewegungen über mehrere Gebiete ergibt sich ein taktischeres Gameplay, als man es bei den Siedlern je gesehen hat.


Neue, alte Wirtschaft


Am Wirtschaftskreislauf hat sich in Siedler 7 nicht sonderlich viel getan. Die Abläufe sind altbekannt und wenig überraschend. Auf besonders seltene Ressourcen alá Anno wurde verzichtet, das System simpel und klar ersichtlich belassen. Neu ist allerdings, wie man diese Wirtschaft aufbaut: Statt wie früher Produktionsstätten zu platzieren, wie es einem gerade passt, baut man nun zwei Arten von Wohnhäusern.

die siedler 7
Drehen, anordnen, platzieren: Ungewohntes Tetris-Feeling bei den Siedlern.
An jedes der Wohnhäuser können bis zu drei Produktionsstätten angeschlossen werden. Logischerweise kann man an normale Wohnhäuser auch eher simple Berufe anschließen, während gehobene Wohnhäuser für die komplexeren Warenabläufe zuständig sind. Am Anfang flucht man oft über diese neue Bauweise, da es doch sehr gewöhnungsbedürftig ist, seine Stadt im Tetris-Stil anzuordnen. Hat man sich aber erst einmal mit ihr abgefunden, so stellt sie sich als ziemlich sinnvoll heraus, da man geschickter planen und sich auf die Gegebenheiten der Umgebung stärker einstellen muss. Hin und wieder ertappt man sich aber trotzdem dabei, wie man innerlich auf das System schimpft, weil man mal wieder ein wichtiges Gebäude nicht dort platziert kriegt, wo man es sich gewünscht hätte.

Ähnlich sieht es bei der Lagerhaus-Mechanik aus: Fragt man sich erst, was Ubi eigentlich geritten hat, erweist sich auch hier das veränderte System mit der Zeit als ziemlich gut durchdacht. Auf den ersten Blick ist man dennoch irritiert, wenn man feststellen muss, dass jede Ware zwischen jedem Verarbeitungsschritt erst in ein Lagerhaus gebracht werden muss, um dann weiter verteilt zu werden. Besonders, wenn der Holzfäller mit seinem Holz zum Lagerhaus am Ende der Straße läuft, nur damit ein Träger das Holz zur Sägemühle bringt, die eigentlich direkt neben der Holzfällerhütte steht. Logisch ist das strenggenommen nicht. Aber es sorgt dafür, dass man gut vorrausplanen, geschickt Lagerhäuser platzieren und mitdenken muss.


Die Siegpunkte


Als besonders gelungen stellt sich ausserdem die Einführung sogenannter Siegpunkte heraus, die den Weg zum Gewinnen eines Spiels wesentlich abwechslungsreicher gestalten. Einen Siegpunkt erhält man, wenn man eine Vorraussetzung erfüllt, wie z.B. dass man eine deutlich größere Armee als die Gegner besitzt, eine ganze Ecke mehr Gold in der Tasche hat, oder auch als erster seine Kathedrale fertigstellt. Je nach Karte muss man so eine bestimmte Anzahl von Siegpunkten vor seinen Gegnern erlangen, um das Match zu gewinnen.

die siedler 7
Die Siegpunkte sorgen für abwechslungsreiche Spiele mit verschiedenen Schwerpunkten.
Da jeder der Siegpunkte immer nur an einen Spieler vergeben wird, und man somit seinen Gegnern Siegpunkte abluchsen, aber auch selbst welche an die Feinde verlieren kann, gestalten sich viele Matches gegen Ende erstaunlich verbissen und spannend für einen Aufbautitel. Und da selbst wenn man alle Siegpunkte zusammen hat immernoch ein paar Minuten Spielzeit verbleiben, in denen man alle Punkte halten muss, sitzt man - völlig zu meiner Überraschung - tatsächlich oftmals mit Schweiß auf der Stirn vor seinem Siedler-Match. Spätestens wenn ihr euren Siegpunkt für das größte Vermögen einbüßt, weil ihr Truppen nachbauen müsst, um Angriffe abzuwehren, obwohl ihr dachtet das Spiel wäre dank dem gerade gewonnen Siegpunkt für die größte Bevölkerung schon gelaufen, versteht ihr was ich meine. Die Siedler 7 bietet hier etwas, was die wenigstens Aufbautitel im Petto haben, und kann somit bei mir einen klaren Pluspunkt einheimsen.

Einziger Wehrmutstropfen bleibt, dass sich manches Match auf diese Weise ganz schön flott beenden lässt, wenn man selbst oder der Gegner die Karte gut kennt und richtig vorgeht. Solche Moment fühlen sich in puncto Gameplay dann manchmal fast ein wenig ZU flott und zielstrebig für einen Siedler-Titel an, gelingen aber eigentlich nur, wenn einer von beiden Spielern pennt, oder in der Anfangsphase etwas gewaltig verbockt. Insofern kann man diese Eigenschaft des Spiels nicht wirklich als Schwäche sehen.


Quests, Religion, Prestige, Handelsposten und Stadtsektoren


Die verschiedenen Möglichkeiten bei der Gebietseroberung und die Vielfalt der möglichen Spielweisen, die sich durch die Siegpunkte ergibt, wird dann noch erweitert durch Quests, die auf jeder Map erfüllt werden können. So bittet einen z.B. ein Wissenschaftler um militärischen Beistand beim Beschützen seines Laboratoriums, oder ein Pater um Werkzeugnachschub, um seine Kirche wieder aufzubauen. Die Questgebiete sind dabei auf der Karte abgegrenzt wie jedes andere Gebiet, aber - zumindest meistens - nicht eroberbar. Dafür bietet jedes Questgebiet gleich ganze drei Quests an bei deren Erfüllung man wertvolle Rohstoffe, Durchmarsch-Rechte oder sogar einen Siegpunkt erhält.

die siedler 7
Hat man ein Questgebiet erreicht, stehen einem drei verschiedene Quests zur Auswahl.
Ergänzt werden die Questgebiete durch die Stadtsektoren, die eroberbare Gebiete an taktisch wichtigen Kartenpositionen darstellen und deren Eroberung einem ebenfalls einen Siegpunkt einbringt. Und damit man bei der Planung der Karteneroberung noch ein wenig mehr knobeln darf, gibt es oben drauf auch noch Gebiete, die durch einen angrenzenden Handelsaussenposten ebenfalls eine wichtige Rolle einnehmen. Denn hat man erstmal den Zugang zu einem Aussenposten, so kann man mit drei Arten von Händlern durch die Eröffnung von Handelsrouten auf einer eigens dafür existierenden Karte Warenengpässe gezielt kompensieren ... mal ganz abgesehen davon, dass man natürlich auch für den Aubau des größten Handelsnetzwerks einen Siegpunkt kassiert!

Ähnlich wie das System für Handelsrouten funktioniert die Forschungskarte, auf der man im Austausch für drei Arten von Geistlichen Technologien wie sich selbst regenerierende Fischgründe, oder schnellere Truppenbewegungen erforschen kann. Habe ich schon erwähnt, dass man natürlich auch über die Forschung einen Siegpunkt freischalten kann? Und habe ich schon dass Prestige-System erklärt, bei dem man Punkte für bestimmte erreichte Spieletappen, wie z.B. die Eroberung von Gebieten oder den Bau von Prestige-Objekten erhält? Und das man mit Prestigpunkten auf neue Prestigelevel aufsteigen kann, auf denen man wiederum Dinge wie Upgrades für Kaserne und Kirche, oder auch die Möglichkeit erhält, seine Gebiete mit Holz- oder Steinbefestigungen zu sichern. Und muss ich noch erwähnen, dass man ein Gebiet unabhängig von seiner Befestigungsstärke noch mit Geistlichen besetzen kann, um die stationierten Truppen zu stärken? ...


Schaffe, schaffe, Schlössle baue!


die siedler 7
Es gibt ziemlich viele Möglichkeiten das Schloß seiner Träume zu gestalten.
Ein lustiges Gimmick sind die frei zusammenbaubaren Schlösser. Im Menü findet sich zu diesem Zwecke ein Schloss-Editor, in dem man - ein bisschen wie in einer vereinfachten Version des Spore-Gebäude-Editors - sein Traumdomizil aus verschiedensten Teilen zusammenstecken kann. Das geht von der Grundform über angeschlossene Bauten, bis zu Fenstern und kleinen Verzierungen. Zudem können im Laufe des Spiels immer neue Teile freigeschaltet werden, wenn man z.B. in der Kampagne vorrankommt. Hier sammelt man Goldmünzen, die man gegen die Erweiterungen eintauschen kann. Das Feature ist logischerweise völlig irrelevant für das Gameplay, verschafft einem aber immer wieder spaßige Bastel-Momente und sorgt gleichzeitig für ein wenig Individualität im sonst recht konformen Siedler-Universum.




die siedler 7

PRO & CONTRA



  • sinnvolle Überarbeitung der Spielmechanik
  • schicke, knuddelig-liebenswerte Optik
  • nette Singleplayer-Kampagne mit Herz
  • Schlösser selbst gestalten
  • das beste Siedler seit Langem!


  • etwas zuviel Gerede in der Kampagne
  • teils gewöhnungsbedürftig (Lager- und Wohnhausmechanik)
  • umstrittener Kopierschutz / kein Spielen ohne Inet




Ein echtes Siedler
Wie ihr seht platzt Die Siedler 7 geradezu vor großartigen, neuen Ideen. Und trotzdem kann ich Entwarnung geben für alle, die Angst haben, das Spiel sei nun zu komplex, schwer zu erlernen, oder beinhalte zuviele Elemente: Hat man sich erst einmal eingespielt, greifen alle diese Systeme feinsäuberlich inneinander wie ein gut geöltes Getriebe und machen Die Siedler 7 zu einem kleinen Wunderwerk an möglichen Spielweisen. Schlussendlich ergibt sich so ein äussert vielschichtiges Gameplay, in das man dank der putzig erzählten Kampagne um Prinzessin Zoe und ihren Weg zur Krone behutsam eingeführt wird. Grafik und Sound sind liebenswert, und wenn da nicht Ubisofts neue Kopierschutzmaßnahmen wären, könnte man Die Siedler 7 uneingeschränkt als bestes Siedler seit Langem bezeichnen. Äusserst schade für alle, die gern mit dem Laptop in der Bahn siedeln wollen, oder noch keinen permanenten DSL-Anschluss ihr eigen nennen ...

geschrieben von Lyc  
am 13.06.2010 um 15:40 Uhr






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